Die drei Mu – Muda Mura Muri – werden im Toyota Production System (TPS) genutzt, um Verluste innerhalb einer Fertigung zu beschreiben. Dabei steht das erste “M” für den japanischen Begriff Muda und bezeichnet die Verschwendung innerhalb eines Produktionsprozesses. Das zweite “M” steht für Mura und beschreibt die Unausgeglichenheit von Fertigungsprozessen. Muri, das dritte “M” beschreibt die Verluste, die durch Überbeanspruchung im Rahmen des Produktionsprozesses auftreten. Die drei Mu dienen als Ausgangspunkt für die Identifizierung von Verschwendungen und damit als Basis für entsprechende Verbesserungen von Prozessen, Material, Arbeitsstationen oder Maschinen. Damit unterstützen die drei Begriffen den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) bzw. KAIZEN, da hier ständig nach Verbesserungspotenzial gesucht wird. Durch die Systematisierung in die drei Begriffe Muda, Mura und Mudi, haben die Mitarbeiter einen Anhaltspunkt wonach sie in den Prozessen suchen müssen. Dies ist dann der Ansatzpunkt für das Engagement und die Kreativität der Mitarbeiter.
In diesem Blogbeitrag wollen wir Ihnen diese drei Mu erklären und Ihnen Hinweise geben, wie mit Hilfe digitaler Werkzeuge in der Fertigung dabei helfen können, diese Arten der Ineffizienzen zu erkennen und danach beseitigen zu können.
Eine Verschwendung von Ressourcen ist die offensichtlichste Ursache für die Entstehung von Verlusten und damit für Ineffizienzen in Produktionsprozessen. Die Ressourcen in der Fertigung lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Wertschöpfende Ressourcen (z.B. Bearbeitungszeiten eines Produktes) und zum anderen in Verschwendung (z.B. lange Rüstzeiten). Die Summe aus wertschöpfenden und verschwendenden Bestandteilen eines Fertigungsprozesses beschreibt die Effizienz dieses Prozesses. Muda — japanisch für Verschwendung — beschreibt genau diese nicht wertschöpfenden Bestandteile von Produktionsprozessen und systematisiert diese Verschwendungen in acht Verschwendungsarten. Diese kann man sich sehr leicht über den englischen Begriff “DOWNTIME” merken:
D
Defekte sind Mängel, die bei der Fertigung eines Produktes entstehen. Dies können beispielsweise Qualitätsmängel sein, die zu Ausschuss oder Kundenbeschwerden führen.
O
Überproduktion tritt häufig auf, wenn nach dem Push-Prinzip gefertigt wird und die einzelnen Mitarbeiter keinen Überblick über den Gesamtprozess haben. Zwischenlager können dann schnell voll laufen und der Materialbestand im work-in-progress nimmt stetig zu.
W
Wartezeiten können durch fehlenden Materialbestand oder Störungen an den Arbeitsstationen bzw. Maschinen entstehen und sind grundsätzlich nicht wertschöpfend.
N
Unzureichend ausgebildete oder informierte Mitarbeiter in der Fertigung führen zu vielen Defects, einer sinkenden Mitarbeitermotivation und vielen weiteren Problemen. Daher ist auch eine mangelhafte Ausbildung von Mitarbeitern eine Verschwendungsart.
T
Sind Transportwege nicht gut geplant, kann dies zu Wartezeiten der Mitarbeiter und damit zu Ineffizienzen führen. Falsche Fördermittel, die Produkte potenziell beschädigen können, führen zu weiteren Verschwendungsarten (Defect, Waiting).
I
Unnötig hohe Materialbestände binden viel Kapital und sind somit grundsätzlich ineffizient. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein Mittelweg zwischen geringer Kapitalbindung und ausreichend hoher Sicherheitsbestände gefunden werden muss!
M
Motion beschreibt die nicht wertschöpfenden (also überflüssigen) Bewegungen innerhalb des Fertigungsprozesses. Unnötige Lauf- und Bewegungswege der Mitarbeiter sollten beispielsweise durch eine gute Arbeitsplatzgestaltung vermieden werden.
E
Arbeitsgänge sollten nicht doppelt ausgeführt werden. Dazu gehört ein Blick auf unnötige Dokumentation oder doppelte Prozessschritte an einzelnen Arbeitsstationen. Beispielsweise sollte eine Oberflächenbeschädigung nur an der letzten Arbeitsstation geprüft werden und nicht an jeder der Stationen.
Nicht alle Verschwendungen können vollständig beseitigt werden. Es gibt jedoch vielfältige Möglichkeiten der Minimierung verschiedener Verschwendungsarten. In unserem Blogbeitrag “Die acht Arten der Verschwendung” betrachten wir die einzelnen Arten von Verschwendung und zeigen Ihnen Möglichkeiten diese über digitale Werkzeuge zu erkennen und zu beheben.
Der japanische Begriff Mura steht für eine Unausgeglichenheit. Dies drückt eine fehlende Harmonisierung von Prozessen, Arbeitsmethoden oder allgemein von Kapazitäten aus. Ein Symptom von Unausgeglichenheit sind Verluste durch “Warteschlangenbildung” vor den Arbeitsstationen oder in den Zwischenlagern zwischen diesen Stationen. dadurch entsteht ein hoher Materialbestand und damit eine hohe Kapitalbindung im work-in-progress. Auch nicht optimal ausgelastete Maschinen oder Anlagen und damit Leerzeiten sind häufig ein Symptom von Mura.
Die Unausgeglichenheit ist dafür verantwortlich, dass einige Ressourcen überlastet sind, während andere Ressourcen eine Unterlastung aufweisen. Dies kann sich bei einer Montagelinie darin ausdrücken, dass einzelne Montagestationen häufig weit unterhalb der Vorgabe-Taktzeit bleiben, während an anderen Arbeitsstationen Taktzeitüberschreitungen auftreten. Bei einem Linientakt ohne Zwischenlager kommt es so zu Wartezeiten einzelner Arbeitsstationen. Bei einer Linie mit stationsbasiertem Takt (also mit Materiallagern zwischen den Stationen) kann die Unausgeglichenheit zu hohen Lagerbeständen führen.
Mura, also die Unausgeglichenheit kann bei der Produktion, aber auch bei der Erbringung von Dienstleistungen oder beim Bearbeiten eines Vorganges entstehen. Dabei kann der auftretende Verlustdurch Mura auf drei Ebenen entstehen:
Mit der Anzahl von Prozessschritten und von Varianten in einem Produktionsprozess steigt das Maß an Unausgeglichenheit. Je weniger Stufen bzw. Montagestationen ein Produktionsablauf hat, desto einfacher können diese koordiniert werden. Je mehr Varianten eines Produktes auf der gleichen Linie hergestellt werden, desto mehr steigt die Komplexität und das Austakten einzelner Bearbeitungsschritte wird schwieriger. Grundsätzlich sollte Mura also durch eine Reduktion der Komplexität begegnet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass ein gewisses Maß an Unausgeglichenheit in jedem Prozess bestehen bleibt. Das große Ziel ist die Verstetigung von Fertigungsprozessen, um die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen und Verschwendungen insbesondere durch Stillstände oder Wartezeiten zu vermeiden.
Dabei bieten sich Methoden wie Heijunka (Harmonisierung des Produktionsflusses durch mengenmäßigen Ausgleich) oder One-Piece-Flow an. Wichtig ist es aber zunächst, die Unausgeglichenheit aufzudecken und zu identifizieren, welche der Montagestationen der Flaschenhals ist. Dies kann durch ein Werkerassistenzsystem erreicht werden. Dieses kann genutzt werden, die einzelnen Arbeitsschritte und die Dauern dieser Schritte zu erfassen. In einem zweiten Schritt kann dann ganz einfach identifiziert werden, welche Stationen zu viel Arbeit haben und welche permanent unterfordert sind. Damit ist eine Austaktung von Arbeitsstationen möglich. Ein weiterer Vorteil von Werkerassistenzsysteme ist die Nivellierung von Mitarbeiterwissen. Allen Mitarbeitern an den Arbeitsstationen stehen umfangreiche Informationen zu den Montageschritten zur Verfügung. Über digitale Alarmierungstools kann bei Unklarheiten oder drohenden Störungen schnell Hilfe gerufen werden. All diese Maßnahmen führen zu einer besseren Ausgeglichenheit der Fertigungsprozesse.
Die Überlastung von Ressourcen wird im Toyota Produktions System als Muri (japanisch für Überlastung) beschrieben. Diese kann sowohl die menschliche Arbeit betreffen, als auch an Maschinen und Anlagen auftreten.
Eine Überlastung des Personals entsteht durch fortlaufende Über- oder Fehlbeanspruchung. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Überlastung physiologisch (also auf den Körper einwirkend) entsteht oder ob es sich um psychologische Überlastung handelt.
Eine psychische Überlastung kann beispielsweise durch einen zu großen Zeitdruck oder durch fehlendes Wissen über einzelne Arbeitsschritte entstehen. Die Folgen davon sind neben der Auswirkung auf die Arbeitsergebnisse auch eine sinkende Motivation der einzelnen Mitarbeiter sowie ein schlechtes Betriebsklima.
Eine physische Überlastung tritt auf, wenn die Mitarbeiter ungünstigen Umgebungsbedingungen ausgesetzt sind. Dies kann seine Gründe in Lärm, Vibrationen, hoher oder niedriger Temperatur, ungünstigen Lichtverhältnissen, starken Gerüchen und vielem mehr haben. Auch körperlich sehr anstrengende Arbeiten (z.B. Heben von schweren Gegenständen) können zu physiologischen Überlastungen führen.
Überlastung liegt beispielsweise vor, wenn Menschen die unkoordinierten Arbeitsprozessen (mura) und die daraus resultierende Verschwendung aufgrund ungünstiger Fabrikgestaltung oder vermeidbarer Transporte und langer Strecken (muda) abfedern müssen. In vielen Fällen führt dies zu Mehrarbeit oder einem schnelleren Durchlauf der Arbeitsprozesse. Dies führt zu Zeit- und Leistungsdruck. Ein erhöhter Druck führt zu einer höheren Misserfolgsquote bei den Beteiligten und verringert die Qualität der Ergebnisse. Letztendlich ist das Ergebnis nicht nur mehr Ausschuss, sondern auch geistiger und körperlicher Stress und Überforderung. Das kann zu Müdigkeit, Stress, Depressionen und anderen Krankschreibungen führen, aber es kann auch das Arbeitsumfeld beeinträchtigen.
Auch Maschinen und Anlagen können unter Überlastungen “leiden”. Werden diese ständig mit grenzwertiger Auslastung gefahren, ist mit einem hohen Verschleiß zu rechnen. Auch die Qualität der Produkte kann unter einer solchen Maschine leiden. Neben dem größeren Verschleiß und der Notwendigkeit erhöhter Wartungsarbeiten nimmt auch die Lebensdauer der Maschine oder Anlage ab. Letztlich führt die Dauerbelastung zu hohen Ausfallzeiten des Maschinenparks und damit zu vielfältigen Verlusten.
Die nachhaltigste Maßnahme zur Vermeidung von Überlastung ist eine gute Planung der Montagelinie. Der Grund dafür ist, dass die Arbeitsplatzgestaltung optimal an die Produktion und ihre Bedürfnisse angepasst und ergonomisch gestaltet werden kann. Gleichzeitig werden viele andere Verschwendungsarten (Muda) damit minimiert. Es lohnt sich also, vorausschauend zu planen, um Produktionsprozesse und andere Aktivitäten langfristig und nachhaltig zu verbessern.
Bei der Optimierung bestehender Prozesse ist es in der Regel notwendig, die Anzahl der Prozessschritte zu reduzieren, um den Prozess übersichtlicher und einfacher zu gestalten. Auf diese Weise können die Mitarbeiter nicht nur ihre eigenen Handlungen, sondern auch die von anderen überwachen. Dies kann durch andere Maßnahmen zur Lärmminderung und zur Erweiterung der Befugnisse und der Verantwortung des Personals unterstützt werden. Dazu gehören zum Beispiel
Die Führungskräfte können die Umsetzung dieser Maßnahmen unterstützen, indem sie die Mitarbeiter schulen und motivieren und die Grundsätze des Lean Management anwenden.
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